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Forschungsvorhaben MA 1175/48-1: In-Situ Untersuchungen der physikalisch-chemischen Mechanismen der Oberflächenaktivierung von Edelstählen bei Wärmebehandlungen unter lötprozessähnlichen Bedingungen im reduzierendem Schutzgas

Forschungsvorhaben MA 1175/48-1: In-Situ Untersuchungen der physikalisch-chemischen Mechanismen der Oberflächenaktivierung von Edelstählen bei Wärmebehandlungen unter lötprozessähnlichen Bedingungen im reduzierendem Schutzgas

Jahr:  2018
Datum:  31-12-19
Förderung:  DFG
Laufzeit:  01.04.2014-31.12.2019

Die Desoxidation von Bauteiloberflächen in einem Ofenlötprozess unter reduzierendem Schutzgas ist Voraussetzung für deren Benetzbarkeit mit Lot und entscheidet über den Prozesserfolg und die Qualität der resultierenden Lötverbindungen. Während die notwendigen thermodynamischen Voraussetzungen beispielsweise für die Reduktion von nativ oxidierten Edelstahloberflächen mit reduzierenden Agentien im Prozessgas (Wasserstoff, Monosilan etc.) bekannt sind, ist die Kinetik dieser Reaktionen auf atomarer Ebene bislang noch nicht erforscht worden. Letzteres ist aber essentiell für ein grundsätzliches Prozessverständnis und Voraussetzung für die Weiterentwicklung von flussmittelfreien Lötprozessen unter Schutzgas. In diesem Zusammenhang ist die Verwendung von mit Monosilan dotiertem Stickstoff als kostengünstige und ressourcenschonende  Alternative zu konventionell verwendetem Wasserstoff für das Löten von Stahlwerkstoffen von großem wissenschaftlichem und technologischem Interesse.
Globales Ziel des Projekts ist es daher, die physikalisch-chemischen Mechanismen der Oberflächendesoxidation beim Löten von Edelstählen in einem Schutzgasdurchlaufofen bei Verwendung wasserstoff- und silanhaltiger Prozessgase zu untersuchen. Die  Experimente liefern hierbei Informationen über die ablaufenden Reaktionen und die Oberflächenzustände, die Grundlage für eine gezielte Weiterentwicklung flussmittelfreier Schutzgaslötprozesse in Richtung niedrigerer Verarbeitungstemperaturen, robusterer Prozessbedingungen und der Verarbeitung anspruchsvoller Stahlwerkstoffe sind.
Im Rahmen des Projekts werden zunächst thermodynamische Simulationen durchgeführt und bekannte analytische Transportmodelle auf den vorliegenden Anwendungsfall spezifiziert.  Zur Verifizierung der Simulationen bzw. des Modells werden die ablaufenden chemischen und physikalischen Reaktionen unter lötprozessähnlichen Bedingungen in-situ auch zeitaufgelöst untersucht, wobei Informationen zu Änderungen der Kristallstruktur, der atomaren Koordination (Bindungsabstände, Koordinationszahlen) und der chemischen Bindungszustände sowie über auftretende Diffusionsprozesse, die für die Aufklärung der Kinetik elementar sind, gewonnen werden. Hierzu werden die Methoden TR-XRD (Time Resolved X-ray Diffraction) sowie  zeitaufgelöste Röntgenabsorptionsspektroskopie (EXAFS/XANES: Extended X-ray Absorption Fine Structure/ X-ray Absorption Near Edge Structure) unter Verwendung von Synchrotronstrahlung eingesetzt.  Das Nachstellen von realistischen Prozessbedingungen für die spektroskopischen Messungen erfolgt in einer Hochtemperaturkammer für Röntgenexperimente, die eigens angefertigt wurde.
Die Messungen mit Röntgenstrahlung werden an der Synchrotronstrahlungsquelle DELTA in Dortmund oder am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg durchgeführt.Mithilfe von Messungen und Lötversuchen soll ein Modell aufgestellt werden, das auf atomarer Ebene die chemisch-physikalischen Vorgänge der ablaufenden Oberflächenreaktionen bei Schutzgaslötprozessen beschreibt.